Verwendete Bibelstellen
Lesung: Ex 32,7-11.13-14
Evangelium: Lk 15,1-10 (32)
(11. September 2022)
Scroll down to find a translation into English.
Prayers for the happy Repose of HM The Queen, for the Royal Familiy and for HM The King can be found here.
Liebe Gemeinde,
Gibt es Zufälle?
In diesen Tagen, in denen Land und Leute um Königin Elisabeth II trauern,
sprechen nach unserer katholischen Leseordnung die biblischen Texte heute
vom Verloren-sein – vom Wiedergefunden-werden – und einer großer Freude.
Ein ganzes Kapitel widmet das Lukasevangelium diesem Thema
und erzählt gleich drei Gleichnisse, um auch wirklich durchzudringen:
Das verlorene Schaf – Die verlorene Drachme – Der Verlorene Sohn.
Das Wesentliche an diesen Gleichnissen ist nicht,
warum etwas verloren geht, das wird entweder gar nicht oder nur am Rande erzählt;
oder was danach mit dem Wiedergewonnenen passiert, auch das bleibt völlig offen.
Vielmehr konzentriert sich alles auf den einen entscheidenden Punkt:
Wenn etwas Wichtiges verloren geht, dann freut man sich, wenn es wieder da ist. Mehr noch, man kommt nicht umhin, zu jubeln und seine Freude zu teilen.
Und das Ganze wird uns auch deshalb gleich dreimal erzählt,
weil der Evangelist mit einer geschickten Steigerung zu überzeugen versucht:
Wer sich angesichts von 99 Schafen über ein Wiedergefundenes freuen kann,
der wird sich erst recht über eine Drachme freuen, der nur neun gegenüber stehen.
Wie groß die Freude dann bei einem von nur zwei Söhnen sein muss,
kann sich jeder selbst ausmalen und liegt förmlich auf der Hand – schier unendlich!
Aber natürlich geht es am Ende nicht um ein Schaf oder eine Geldmünze,
noch nicht einmal um einen Sohn oder ein anderes Familienmitglied.
Am Ende geht es dem Evangelium um etwas Größeres,
um den vielleicht größten Verlust den jeder von uns erleiden kann,
ja irgendwann erleiden muss: den Verlust des irdischen Lebens.
Der Tod ist die größte Sünde.
Nicht im Sinne von „Schuld“, sondern im tieferen und buchstäblichen Sinne:
im „Abgesondert-sein/Fern-sein“ von Gott, dem Ursprung/Schöpfer allen Lebens.
Jedes Fehlverhalten, jede Schuld, jede Sünde führt uns weg vom Leben/von Gott.
Aber nichts so sehr und vollkommen wie der Tod.
Er ist der größtmögliche Gegenpol zu Gott.
Denken wir an das bekannte Weihnachtslied „Menschen, die ihr wart verloren“.
Es meint genau das: unser Verloren-sein in dieser Welt und an den Tod.
Aber schon in der nächste Zeile heißt es „Lebet auf und erfreuet euch“,
denn wir bleiben nicht verloren, durch Christus werden wir wiedergefunden.
Er zeigt uns den Weg zurück zum Vater.
Er nimmt dem Tod seinen Stachel.
Er ist unsere Auferstehung und unser Leben.
Um nichts anderes geht es im ganzen Evangelium.
Was verloren ist, wird wiedergefunden. Was tot ist, wird leben.
Das ist Trost in jeder Trauer. Das ist am Ende Grund zur Freude.
Gibt es Zufälle?
In diesen Tagen, in denen Land und Leute um Königin Elisabeth II trauern,
stellt uns die alttestamentliche Lesung einen religiösen Mittler vor Augen,
der sein Volk führt, der ihm treu bleibt und für es einsteht.
Noch einmal werden wir auf den Berg Sinai geführt
und mitten hinein in die große Erzählung von den 10 Geboten
(vor einigen Monaten hatten wir sie mit Feibuschs Gemälde schon einmal bedacht).
Gott hatte sein Volk aus der Knechtschaft der Sklaverei in die Freiheit geführt
und Mose gerade die Gebote des Lebens auf zwei Steintafeln anvertraut,
als er ihren Tanz um das das Goldene Kalb mitansehen musste.
Das Volk Israel hatte – wenn man so will – den rechten Weg verloren,
seinen Gott sogar, und sich stattdessen ein eigenes Götzenbild geschaffen.
Gott zeigt sich tief getroffen und bringt die neue Distanz in Worte.
Wo er zunächst noch sagte: „Ich habe das Klagen meines Volkes gehört“,
spricht er dem Mose gegenüber nun von: „deinem störrischen Volk“.
Noch hält er seinen verzehrenden Zorn zurück.
Aber wenn er dem Mose sagt: „Jetzt lass mich doch in Ruhe“,
obwohl der zu diesem Zeitpunkt doch noch gar nichts gesagt/getan hatte,
wirkt es fast so, als wolle er Mose überhaupt erst auf die Idee bringen,
dass er ihn doch bedrängen und vielleicht noch umstimmen könnte.
Mose jedenfalls versteht den Wink und wird nun tatsächlich aktiv.
Er nimmt die ihm von Gott aufgetragene Aufgabe,
nämlich das Volk Israel zu retten, auch Gott selbst gegenüber wahr.
Er stellt sich vor das Volk, steht für es ein und appelliert an Gottes Treue.
Und als ob dieser nur darauf gewartet hätte, lenkt sofort ein und ihn
„reute das Böse, dass er [und nun heißt es wieder] seinem Volk angedroht hatte“.
Das religiöse Haupt und der Vermittler als Segen,
fernab vom Volk, um das es eigentlich geht, fast schon im Verborgenen.
Gibt es Zufälle?
Königin Elisabeth war sicher nicht Mose, ein solcher Vergleich verbietet sich.
Aber sie war doch das nominale Oberhaupt der Anglikanischen Kirche.
Ob sie vor Gott für ihr Volk eintrat, können wir nur vermuten.
Aber dass sie vor dem Volk für Gott eintrat, das haben wir erlebt.
Sie tat es nicht lauthals, nicht aufdrängend, nicht penetrant,
sondern nur hin und wieder, dezent, in schlichten Worten,
und wirkte damit doch nur um so überzeugender.
Sie enthielt sich fromm wirkender aber doch nur plappernder Phrasen,
versteckte sich aber auch nicht hinter einer falsch verstandenen Neutralität.
Christus war – in ihren eigenen Worten – ihr „Anker“.
Der Glaube ihre Kraft, auch die Tiefen des Lebens zu durchstehen.
Wenn sie von Gott sprach, war das spürbar durch ihr eigenes Leben gedeckt.
Und wenn sie in diesem Tagen landauf und landab gepriesen wird
für ihre Demut, ihre Dienstbereitschaft und ihr Pflichtbewusstsein,
für ihre Bereitschaft, die eigenen Belange hintan zu stellen und sich im Zweifelsfall fast schon stoisch einmal zu viel als zu wenig für das Allgemeinwohl einzusetzen,
dann hat das nur wenig mit den Werten des Zeitgeistes zu tun,
aber umso mehr mit unserem christlichen Glauben.
Ihr Tod ist in jedem Fall ein Verlust – gerade auch für uns Christen.
Auf der anderen Seite aber ist sie – so dürfen wir heute sagen – „wiedergefunden“.
Gibt es Zufälle?
Als am späten Donnerstag die Nachricht vom Tod der Königin verbreitet wurde,
schüttete es in London und Umgebung wie aus Kübeln,
aber über Windsor Castle und vor dem Buckingham Palace
leuchtete strahlend ein Regenbogen.
Biblisch gesehen ist er eine Brücke,
die Verbindung von Himmel und Erde, Gott und Mensch,
das Bundeszeichen, das Gott nach der Sintflut gewählt hat,
zur Erinnerung für jeden, dass er unser Gott ist, und wir sein Volk,
und dass er keinen mehr zugrunde gehen lassen wird.
Gibt es Zufälle?
Natürlich gibt es Zufälle.
Aber manchmal sind sie auch mehr.
Manchmal sind sie ein Zeichen.
Are there any coincidences?
In these days, when the country mourns the late Queen Elizabeth II, the biblical readings talk about being lost and found – and a great joy.
Luke dedicates a whole chapter to this topic and tells no fewer than three parables to get the message across: the Lost Sheep, the Lost Coin and the Prodigal Son.
These parables are not about why something gets lost: that is either not mentioned at all or only in passing; nor what happens after something has been found: this is not mentioned at all. The focus is on one significant point: when something important gets lost and gets found again, you rejoice. Moreover, you cannot help but cheer and share your joy.
The evangelist tries to convince with a crafty climax: the joy about one sheep compared to the 99 you still have; one coin compared to the nine you still have. Everyone can imagine how great the joy must be if one of only two sons is found: endless.
Of course, this is not about a sheep, a coin or even a son or another family member. In the end, the Gospel talks about something bigger, about the biggest loss everyone can suffer and eventually must suffer: the loss of one’s own life.
Death is the greatest sin; not as in “guilt” but in a deeper and more literal sense, namely “to be separate/far” from God, the source and creator of all life.
Every wrongdoing, every fault, every sin leads us away from life/from God; but not as much and as completely as death, which is the greatest possible antithesis to God.
A German Christmas hymn refers exactly to this: our being lost in this world and to death. The second line says: “Come alive and rejoice”, for we don’t stay lost. We are reborn through Christ. He guides us back to the Father. He takes the sting from death. He is our resurrection and our life. This is the essence of the whole Gospel. What is lost will be found. What is dead will live again. This is the consolation in times of sorrow. This is the reason for our final joy.
Are there any coincidences?
In these days, when the country mourns the late Queen Elizabeth II, the Old Testament reading presents to us a religious mediator who leads his people, stays faithful to them and who vouches for them.
Once again, we are led to Mount Sinai and into the midst of the great tale of the Ten Commandments (a couple of months ago, we contemplated it with Feibusch’s mural).
God had delivered his people from slavery and just entrusted the commandments of life to Moses, when he witnessed the dance around the Golden Calf. The people of Israel had – in a way – lost the right path, even their God, and created their own idol.
God is deeply hurt and expresses this. While he initially says: “I have heard the cries of my people”, he now speaks to Moses about “your stubborn people”.
He still holds back his wrath, but when he tells Moses: “Now leave me in peace”, when the latter had not said or done anything at that point, it almost appears as if he wants to give Moses the idea that he could perhaps hassle him or even change his mind.
Moses gets the hint and springs into action. He seizes the task to save the people of Israel even in the face of God himself. He appeals to God’s faithfulness.
God gives in immediately and “relents from the disaster that he had spoken of bringing on his people.”
Are there any coincidences?
Queen Elizabeth was certainly not Moses; such a comparison would be absurd. Yet she was the Head of the Church of England. We can only guess if she spoke up for her people to God, but we have witnessed her speaking up for God to her people. She did it subtly, with simple words, which made her most convincing. She abstained from pious sounding yet empty phrases but did not hide behind a misunderstood neutrality. Christ was – in her own words – her “anchor”. Her faith was her strength in dark times. When she spoke about God, it was visibly manifested in her own life.
And when she is praised for her humility, her readiness to serve and her sense of duty, then this has little to do with the values of the time but with her Christian faith. Her death is a loss, especially for us Christians. On the other hand, she has been “found again”.
Are there any coincidences?
When the news of the Queen’s death broke on Thursday, the heavens opened in and around London, but there was a bright rainbow over Windsor Castle and Buckingham Palace.
Biblically speaking, it is a bridge, the link between heaven and earth, God and humankind, the sign of the covenant that God had chosen after the big flood to remind us that he is our God, we are his people, and nobody will perish.
Are there any coincidences?
Of course! But sometimes, they are more. Sometimes they are a sign.
1 Kommentar
Danke Andreas, Du hast uns geholfen, mit den Evangelien und auch dem AT
Tod und Leben, Verlorengehen und Wiedergefundenwerden zu verstehen.
Hast unserem Glauben an Christus, als Sieger ueber Tod, Staerkung gegeben.
Gibt es Zufaelle? Der Regenbogen uber Windsor Castle und Buckingham Palace
am 9.11., wenn es ueberall in London ‚wie aus Kuebeln goss‘, gibt mir die Antwort.
Deine Worte zum Tod Elisabeth II sind gebuehrend und ehrlich und als Christen
ein Danke.