Schon in vorchristlicher Zeit wurden in den verschiedenen Religionen und Kulturen Opfer- und Erntefeste gefeiert. Die Menschen waren sich bewusst, dass eine gute Ernte nicht allein in ihrer Hand lag und würdigten dementsprechend die Natur.
Bereits im alten Ägypten, im antiken Griechenland und im Römischen Reich brachten die Menschen ihren verschiedenen Fruchtbarkeitsgöttern Opfergaben als Dank für die Ernte dar. Später feierten die Kelten und Germanen in Mittel- und Nordeuropa die Ernte am Ende des Sommers mit Erntefesten, in denen sie den Göttern mit Tieropfern dankten und Erntebier brauten.
Im Alten Testament wird von zwei Erntedankfesten berichtet, die zur Getreideernte und zur Weinlese gefeiert wurden: Sukkot im September/Oktober und Schawout im Mai/Juni. Bei beiden Festen wurde JHWH als dem Herrn der Schöpfung für die Ernte gedankt. Unser heutiges Erntedankfest ist den jüdischen Festen recht ähnlich.
Auch wenn das Erntedankfest im eigentlichen Sinne also kein christliches Fest ist, da es nicht wie alle anderen kirchlichen Feste auf einem Ereignis aus dem Leben Jesu basiert, bekam es trotzdem einen festen Platz im Kirchenjahr, auch weil bis in die frühe Neuzeit der größte Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft
tätig war und für das tägliche Brot hart arbeiten musste. Diese Menschen wussten, dass eine reiche Ernte, die sie über den Winter bringen würde, nicht selbstverständlich war, und sie als Teil von Gottes Schöpfung verantwortungsbewusst mit ihr umgehen mussten. Mit den Erntedankfeiern brachten die Menschen nicht nur die Freude über die eingefahrene Ernte, sondern auch den Dank über Gottes Fürsorge zum Ausdruck.
Neben dem Gottesdienst entwickelte sich ein vielfältiges Brauchtum, das vielerorts noch gepflegt wird. Der Altar wird mit heimischen Früchten, Gemüse, Getreide oder auch handwerklichen Erzeugnissen bunt geschmückt. Oft gehört auch ein besonders gestaltetes Brot oder eine Erntekrone dazu. Sie wird traditionell aus dem letzten Schnitt der Ernte geflochten und besteht aus vier zur Mitte hin gebogenen Streben. Jede Strebe wird aus einer anderen Getreidesorte geflochten (z. B. Weizen, Roggen, Hafer und Gerste), die dann für Hoffnung, Glaube, Sorge oder Dank steht. Der runde Kranz an der Basis der Krone symbolisiert die Ewigkeit ohne Anfang und Ende.
Heute hat leider der ursprüngliche Sinn des Erntedankfestes an Bedeutung verloren. Viele Obst- und Gemüsesorten sind durch den weltweiten Handel das ganze Jahr über verfügbar. Das Wissen um den Zeitpunkt der Aussaat, Reife und Ernte ist nicht mehr jedem bekannt, dafür treten
Themen wie die Bewahrung der Schöpfung und unsere Verantwortung gegenüber der Natur und den Tieren in den Fokus.
Diese Gesichtspunkte fließen heute bei der Feier des Erntedankfestes mit ein, ebenso die Fürsorge für die Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns. Unsere Gemeinde in Ham sammelt deshalb jedes Jahr zusammen mit der englischen Gemeinde zum Erntedankfest für den Family Shop der St. Richard Primary School in Ham, da an dieser Schule mehr als ein Drittel der Familien von Unterstützungen abhängig sind. Besonders wichtig sind Konserven, aber auch Windeln (gerade auch größere Größen) und Hygieneartikel (vor allem für Mädchen und Frauen).
Alle Spenden können zum Gottesdienst
am 6. Oktober um 11.45 Uhr in St. Thomas Aquinas
mitgebracht und vorne zum Ernte- dankaltar gelegt werden. Selbstverständlich ist auch eine spätere Abgabe noch möglich.
Hier noch ein paar Eindrücke vom diesjährigen Oktoberfest:
Fotos von Simone Herrmann und Andrej Karpinski
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