Text: Katharina Guggenberger Predota
Foto: Dreifaltigkeitsdarstellung in St Jakobus Urschalling
Wer dies herausfinden will, muss zunächst dem Namen Gottes auf die Spur kommen. In der Hebräischen Bibel, dem Alten Testament, wurde er ursprünglich nur „JHWH“ genannt. Der Name stammt, wie altägyptische Texte nahelegen, aus dem nordwestlichen Arabien und bedeutet wahrscheinlich „er ist da“, „er lässt da sein“ oder auch „er ist wirksam“. Dabei handelte es sich zunächst um einen Eigennamen, der so in der dritten Person benutzt wurde, als ob man diese Gottheit im Gebet anrief. Dieser Name wurde in dem Moment überflüssig, als sich im Judentum die Überzeugung durchsetzte, dass es nur einen Gott gäbe. Im Christentum wurde der Eigenname JHWH durch den Gattungsnamen „Gott“ oder durch Herr/Kyrios oder Allherr/Pantokrator ersetzt.
In der Bibel finden sich aber auch Stellen mit Hinweisen auf die weiblichen Aspekte Gottes wie beispielsweise im Psalm 27,10 („Wenn mich auch Vater und Mutter verlassen, der Herr nimmt mich auf.“). Augustinus schreibt in seinen Psalmenauslegungen, Gott sei gleichermaßen Vater und Mutter; Vater, weil er gründet,(…) [be]ruft, (…) befiehlt“ und „(…) herrscht; Mutter, weil sie wärmt, (…) nährt, (…) stillt, weil sie umschließt.“ (Augustinus, Enarrationes in Psalmos 26f,10)
Durch das Bilderverbot Gottes im Buch Deuteronomium wird explizit auch das Verbot eines weiblichen Gottesbildes ausgesprochen, was somit zumindest implizit im Raum gestanden haben muss: „Lauft nicht in euer Verderben, und macht euch kein Gottesbildnis, das irgend etwas darstellt, keine Statue, kein Abbild eines männlichen oder weiblichen Wesens.“ (Dtn 4,16f)
Im Buch Genesis wird außerdem davon berichtet, dass Gott den Menschen nach seinem Abbild schuf, nämlich männlich und weiblich. Hebräisch ist „ha-adam“ (Adam) ein Singular und bezeichnet nicht den Mann alleine, sondern das menschliche Wesen oder das Kollektiv Menschheit. Der Mensch in all seinen weiblichen und männlichen Attributen spiegelt in unserer Vorstellung das vollständige Bild Gottes.
Im Laufe seiner Geschichte bezog das Volk Israel oft seine Erfahrungen mit dem Glauben seiner „heidnischen“ Umwelt auf JHWH, daher spricht man auch von einem integrativen Mono-theismus. Einer dieser Bezüge war JHWHs weibliches Gegenüber Ashera. Ursprünglich war diese eine sumerische Meeresgöttin, deren unterschiedliche Verehrung über Jahrhunderte vielerorts Verbreitung fand. Im Alten Testament meint der Begriff Ashera außerdem (Lebens-)Bäume, die als Orakel dienen und religiöse oder kultische Orte kennzeichnen. Archäologische Funde weisen darauf hin, dass Ashera zwischen dem 8. und 6. Jahrhundert vor Christus als Ehefrau JHWHs verehrt wurde. Erst während des Babylonischen Exils schwand Asheras Bedeutung und es wurde nur noch JHWH verehrt. Im Buch Deuteronomium wird das Pflanzen von Bäumen neben Altären verboten – und weiter noch befiehlt JHWH im Buch der Könige sogar den Abriss von Asheras Schreinen, um seine eigene Verehrung rein zu halten.

Im Buch der Sprüche findet sich nach dem babylonischen Exil allerdings eine zweite weibliche Gestalt, die bis zu einem gewissen Grad Ashera ersetzt: Es ist „die Weisheit“ (hebräisch „chokmah“; griechisch „sophia“), die wie Ashera als Baum erscheinen kann:
„Wer nach ihr [der Weisheit] greift, dem ist sie ein Lebensbaum, wer sie festhält, ist glücklich zu nennen.“ (Buch der Sprüche 3,18)
Anders als Ashera ist die personifizierte Frau „Weisheit“ aber auch im politischen Bereich aktiv. Sie bestimmt maßgeblich das Weltgeschehen. „Durch mich regieren die Könige und entscheiden die Machthaber, wie es Recht ist; durch mich versehen die Herrscher ihr Amt, die Vornehmen und alle Verwalter des Rechts“. (Buch der Sprüche 8,15)
In der christlichen Dreifaltigkeit wird der Heilige Geist oft auch als eine weibliche Dimension Gottes verstanden. Von dem hebräischen femininen Wort „ruach“ abstammend wird er, beziehungsweise sie, außerdem mit der personifizierten Frau „Weisheit“ in Verbindung gebracht. Trotz des dominant männlichen Gottesbildes entzieht sich Gott jeder menschlichen Kategorisierung und ist immer größer, als wir es mit unseren Worten ausdrücken können.
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