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Das Erste Wort an Ostern: Friede!

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Liebe Schwestern und Brüder,

das Grab ist leer;
der Herr aber nicht einfach weg;
gleich mehrfach werden die Jünger ihn erleben;
ihr Herz wird brennen, sie erkennen ihn am Brotbrechen,
sie legen die Hand in seine Wunden.

Und was ist das erste Wort des Auferstandenen?
„Der Friede sei mit euch!“

Ich komme nicht umhin, in diesen Tagen des Krieges in Europa
vor allem auch an dieser Stelle der Ostererzählung innezuhalten.
Welches Wort wäre aktueller, – passender, – nötiger?
Welches Wort müssten wir sehnlicher herbeiwünschen?

Da wo die Mächtigen der Welt mit Panzern und Raketen kommen,
wo sie nichts als Leid, Zerstörung und Tod bringen,
da kommt unser Gott daher,
mit all den Wunden, die unsere Welt auch ihm geschlagen hat,
mit all der Enttäuschung, die ihm der Mensch bereitet hat,
und wünscht uns: „Der Friede sei mit euch!“

Wer mag da angesichts unserer eigenen Unfähigkeit,
wie wir sie Jahrhundert um Jahrhundert leidvoll zur Schau stellen,
allen Ernstes behaupten: dieser Gott und seine Botschaft haben ausgedient?

Das Gegenteil ist der Fall.
Wir haben Gott nötiger denn je.
Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr von diesem Glauben,
der als erstes Frieden bringt, wo der Mensch ein ums andere Mal kläglich versagt.

Das gilt schon für den kleinen Kreis der Apostel:
Der eine verrät Jesus für ein paar Silberlinge,
der andere verleugnet ihn trotz aller Schwüre und Beteuerungen,
und der Rest flieht und wart bis auf einen in der ganzen Passion nicht mehr gesehen.
Wer solche Freunde hat …

… der hätte allen Grund, sie zu vergessen.
Oder zumindest doch auf anderen Felsen zu bauen.
Tut der Auferstandene aber nicht. Er lässt die Seinen nicht zurück.
In allem Versagen, in Schuld und Scham wünscht er: den Frieden.
Das ist mehr als ein frommer Gruß,
das ist die feste Zusage von Versöhnung.
Dieser Friede will eine Brücke schlagen,
wieder aufbauen was in die Brüche gegangen ist.
Ohne jede Vorbedingung.

„Der Friede sei mit euch!“
ist aber nicht nur die Versöhnungsgeste an den kleinen Kreis der Apostel,
es ist vielmehr die Zusage an die ganze Welt, dass Gott sie nicht fallen lässt.
So sehr Christen ihren Gott auch verraten oder verlassen,
so sehr Menschen ihre Lust an der Gewalt austoben u. sich als Ebenbild pervertieren,
so sehr wir die Propheten auch mundtot machen, die unbequeme Wahrheiten sagen,
so wenig gibt Gott uns und diese Welt einfach auf.

Klingt gut, mag der ein oder andere einwenden,
aber was bringt uns das – hier und jetzt?

Hier und jetzt, würde ich sagen, macht es den ganzen Unterschied.
Es gibt nämlich gerade angesichts des Zerbrochenen und Zerstörten
Kraft und Mut, nicht einfach zu resignieren, sondern aufzustehen.

Auferstehung hat auch was mit Aufstand zu tun,
das macht unsere deutsche Sprache sehr deutlich.
Aufstand gegen alles was das Leben bedroht,
Aufstand gegen den hingenommenen Tod.

Konkret sieht das im Leben des Australiers Toni Rinaudo so aus:
Der glaubt einfach nicht, dass die Wüste das Ende ist,
sondern dass sie fruchtbar gemacht
und Afrika sich auch selbst ernähren kann.
Mal um Mal scheitern seine Regenerationsversuche
bis er auf riesige unterirdische Wurzelwerke stößt,
mit denen er noch in den unwirtlichsten Gegenden Bäume wachsen lassen kann.
Die wiederum lassen um sie herum Ackerböden entstehen.
„Der Waldmacher“ heißt der neue Film von Volker Schlöndorff,
der auch keinen Zweifel daran lässt, was diesen Toni antreibt:
Nämlich sein Glaube und die Überzeugung,
dass Gott ihn genau dahin gesandt hat,
dass er genau das mit seinem Leben anfangen soll.

Auferstehung hat was mit Aufstand zu tun.

Im Fall des deutschen Jesuitenpaters Alfred Delp,
war es ein Aufstand gegen das mörderische Nazi-Regime,
die ganze Länder zu einer Wüste ganz anderer Art
und den „Tod zu einem Meister aus Deutschland“ machten.

Sein Glaube erlaubte es ihm nicht,
dem verbrecherischen Treiben einfach zuzuschauen,
und gab ihm gleichzeitig die Kraft und den Mut zum Widerstand,
so unbedeutend und nutzlos er auch erscheinen mochte.
Noch auf dem Weg zum Galgen sagte er dem Gefängnispfarrer:
„In wenigen Augenblicken weiß ich mehr als Sie!“

Das schafft nur Ostern:
In aller Hoffnungslosigkeit, in aller Bedrohung, den sicheren Tod vor Augen,
trotzdem zu widerstehen und zu bezeugen, dass das Leben siegt.

Liebe Schwestern und Brüder,
warum machen wir uns über Auferstehung überhaupt Gedanken?
Was wissen wir denn schon? Warum lassen wir es nicht einfach?
Können wir die Frage nicht einfach auf später verschieben?

Nein, können wir nicht.
Ginge es nur um ein Leben nach dem Tod – dann vielleicht.
Aber es geht auch um unser Leben hier und jetzt, so wie es ist.
Und um die Frage, ob ich der Welt einfach ihren Lauf lasse,
die Augen verschließe, mich verkrieche, mir selbst genüge,
oder ob ich irgendwo her die Kraft nehme aufzustehen
für das Leben und zum Leben.

Petrus hätte hinwerfen können: ich tauge nicht als Fels, suche dir einen anderen.
Toni Rinaudo hätte resignieren können: es geht einfach nicht, Wüste bleibt Wüste.
Alfred Delp hätte verbittern können: jetzt sterbe ich, aber das Morden geht weiter.

Stattdessen aber scheinen sie ganz mit sich im Reinen,
strahlen sie alle eine Ruhe, eine Klarheit und Selbstsicherheit aus,
die nur der wirklich haben kann, der einen inneren Frieden gefunden hat,
der sich mit dieser tosenden Welt und dem scheiternden Menschen versöhnt hat.

Dieser innere Frieden ist eben jener Friede, den der Auferstandene bringt.
Damals wie heute: „Der Friede sei mit dir!“

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